Bisher war die Große Beschwerdekammer in den Entscheidungen G1/03 (G2/03) und G2/10 mit der Zulässigkeit „disclaimer“ befasst. Die G1/03 etablierte gewisse Kriterien für die Zulässigkeit eines „undisclosed disclaimer“. Die zweite Entscheidung G2/10 behandelte eine andere Art von „disclaimer“, nämlich „disclosed disclaimer“. Gemäß G1/03 sind „undisclosed disclaimer“ zum Beispiel im Wesentlichen zulässig, um Neuheit gegenüber einem Stand der Technik gemäß Artikel 54 (3) EPU herzustellen oder gegenüber einer zufälligen Vorwegnahme. Gemäß G2/10 ist ein „disclaimer“ im Wesentlichen zulässig, wenn der Gegenstand, der nach der Einführung des „disclaimer“ im Anspruch verbleibt dem Fachmann unter Verwendung seines allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig durch die ursprüngliche Anmeldung offenbart wird. Der durch die Entscheidung G1/03 gesetzte Standard war durch die erstinstanzlichen Spruchkörper des Europäischen Patentamtes weitgehend anerkannt, um die Zulässigkeit von „undisclosed disclaimer“ zu prüfen. Eine divergierende Rechtsprechung der Technischen Beschwerdekammern nach Erlaß der G2/10 bezüglich der anzuwendenden Kriterien für die Zulässigkeit von „undisclosed disclaimer“ – Anwendung der früheren Entscheidung G1/03, G2/10 oder beiden – hat jedoch zu einer erneuten Vorlage an die Große Beschwerdekammer geführt (G1/16). Die Große Beschwerkammer hat nun entschieden, dass nur der Test gemäß der Entscheidung G1/03 angewendet werden muss, um die Zulässigkeit eines „undisclosed disclaimer“ zu prüfen. Kein zusätzlicher Test, der auf den im Anspruch verbleibenden Gegenstand abstellt, gemäß der Entscheidung G2/10, muss angewendet werden. Diese Entscheidung bringt Rechtssicherheit für die Patentanmelder und vereinfacht die Verwendung von „undisclosed disclaimer“ deutlich. Verfahren die angesichts dieser Vorlage ausgesetzt wurden, werden wahrscheinlich in Kürze wieder aufgenommen.